Konzertarchiv
Weber, Mendelssohn, Schubert
21. April 2018
Carl Maria von Weber (1786-1826):
Ouvertüre zu „Freischütz“
Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847)
Violinkonzert e-Moll
Franz Schubert (1797-1828)
Symphonie Nr. 8 in h-Moll (Unvollendete)
Solistin: Dorothea Stepp, Violine
Leitung: Knud Jansen
Komponisten und Werkbeschreibungen
Carl Maria von Weber (1786-1826):
Ouvertüre zur Oper „Der Freischütz“
Bezüge zur Politik der damaligen Zeit
Der Freischütz (1821) romantische Oper (Text von Friedrich Kind), gilt als der Inbegriff der „Deutschen Oper“. Dies hat viel mit der politischen Situation seiner Entstehungszeit zu tun. Der Handlungsort der Oper, der „böhmische Wald“, liefert deutsche, romantisch national gefärbte Elemente, die wohl mit dem Versuch in Verbindung zu bringen sind, nach den verheerenden Kriegsjahren um 1815 eine politisch nationale Erneuerung herbeizuführen.
So steht das Werk automatisch im Fokus der damals noch sehr jungen deutschen Nationalbewegung des Deutschen Bundes. Zudem kommt der Oper als der ersten wirklichen „Deutschen Nationaloper“ im Gegensatz zur vorherrschenden italienischen Oper besondere Bedeutung zu. Somit bescherte der Freischütz nach der napoleonischen Fremdherrschaft nationale Identität wie kein zweites Bühnenwerk.
Kurzbeschreibung der Opernhandlung in zwei Sätzen:
Der Jägerbursche Max lässt sich durch seinen Kameraden Kaspar verleiten, Freikugeln zu gießen, um auf diese Weise sicher beim „Probeschuß“ zu bestehen und die Tochter des Erbförsters Kuno, Agathe, zu gewinnen; als die entscheidende Freikugel vom „schwarzen Jäger“ (Synonym für den Teufel) auf Kaspar gelenkt und das Kugelgießen auf diese Weise aufgedeckt wird, gewährt man dem im Grunde rechtschaffenen Max ein Probejahr zur Buße. Musikalische Gestaltungsmittel:
Durch die romantische Polarisierung von Gut und Böse bieten sich dem Komponisten Weber viele neuartige Gestaltungsmittel an, die alle explizit auch in der Ouvertüre zum Tragen kommen. Sie erweist sich als eine Vorstellung aller gegensätzlichen musikalischen und dramaturgischen Elemente der Oper in komprimierter Form. Die ungeheuer neue Tonsprache umfasst zum ersten Mal eine bewusst geführte Erinnerungsmotivtechnik (Fortführung später durch Wagners Leitmotivtechnik), farbige Tonmalerei durch Leitklänge im Orchester (z.B. Klarinette) Naturmalerei in der Musik durch Hell-Dunkelfärbung der Instrumentation, abrupte Dur und Moll-Wechsel in der Harmonik, bedrohliche Einfärbung der Musik durch Instrumentation und rhythmische Synkopierungen, eine ganz neue Art der romantischen Tonmalerei. Den dramatischen Höhepunkt bildet dabei die Darstellung dämonischer Mächte durch wilde Rhythmen und Harmonien in der Wolfsschluchtszene beim Kugelgießen, im starkem Gegensatz dazu steht Agathes Liebesmotiv, dargeboten durch die Klarinette, (zweifelsohne Webers Lieblingsinstrument, das zugleich auch das Hauptinstrument böhmischer Folklore ist).
So bildet die Ouvertüre einen Kurzabriss der gestalterischen Mittel der gesamten Oper.
Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809-1847):
Violinkonzert e-Moll op.64
„Erbarme Du Dich doch und schreibe ein Violinconcert, Du hast ja den Clavierspielern, Orchestern, Chören, Clarinetten und Bassethörnern schon so manches Liebe erzeigt. Thu‘ auch einmal etwas für uns, besonders für mich, Du bist der rechte Mann dazu, Dich kostet es 14 Tage und Du erntest eine ewige Dankbarkeit, . . . “
Mit diesen Worten wendet sich im Juli 1839 der Violinist Ferdinand David an den befreundeten Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy, der diesem schon einige Zeit zuvor die Komposition eines Violinkonzerts versprochen hatte. Bedenkt man die hohe Wertschätzung für Mendelssohns Konzert in e-Moll für Violine und Orchester op. 64, die sich insbesondere darin widerspiegelt, dass das Werk weltweit im Repertoire beinahe aller großen Violinvirtuosen anzutreffen war und ist, so dürfte sich allein darin Davids Prophezeiung der „ewigen Dankbarkeit“ erfüllt haben. Ohne Zweifel gehört das Konzert in e-Moll zum Kanon der großen Violinkonzerte des 19. Jahrhunderts und „nimmt in der Ruhmeshalle der im 19. Jahrhundert für dieses Instrument geschriebenen Konzerte“ eine privilegierte Stellung ein.
Entstanden ist das Konzert im Sommer 1844, also in Mendelssohns später Schaffensphase, während eines Aufenthaltes in Bad Soden, wo er in jenen Jahren gerne mit seiner Familie Urlaub machte. Diesem Umstand geschuldet wirkt das Werk mit einer wunderbaren Leichtigkeit geschrieben, ein Umstand, der es zu einem der beliebtesten und auch am häufigsten gespielten Violinkonzerte der Romantik machte, was jedoch leicht vergessen lässt, wie viele kompositorische Neuerungen Mendelssohn in dieses eine Stück hineinlegte. Zu erwähnen wären zum Beispiel, dass er, ähnlich wie Robert Schumann in seinem Klavierkonzert a-Moll, alle drei Sätze nahtlos ineinander übergehen lässt. Auch ist die Anlage der Solokadenz mitten im ersten Satz alles andere als konventionell. Der Beginn des Konzertes mit dem sofortigen Einsatz der Solovioline war in der bisherigen Solokonzertliteratur auch die Ausnahme. Die Violine beginnt ohne langes Orchestervorspiel gleich mit dem Hauptthema, dessen schwärmerische Linie Mendelssohn offenbar so lange im Kopf herum gespukt hatte, bis er das Konzert endlich ausarbeitete. Im Hauptthema liegt der Kern des Ganzen. Dies spürt man auch später noch, in der harmonisch gewagten Überleitung vom Kopfsatz in den langsamen Satz und besonders in der Überleitung zum Finale. Dessen elfenhaft flirrendes und schwirrendes Hauptthema wandert von der Violine munter ins Orchester und zurück und entzündet dabei ein wahres Feuerwerk an Instrumentationseffekten.
Das Violinkonzert war von Anfang an ein Erfolg und gehört inzwischen zu Mendelssohns populärsten Werken. Im 19. Jahrhundert, an dessen Ende es bereits zu den größten Violinkonzerten in der Literatur gezählt wurde, gehörte es zum Repertoire von führenden Violinisten wie Ferdinand David, Joseph Joachim und Pablo de Sarasate. Auch nachfolgende Komponisten wie Jean Sibelius und Peter Tschaikowski ließen sich beispielsweise von der ungewöhnlichen Platzierung der Kadenz inspirieren.
Unter Verwendung von Zitaten aus: Bernd Wladika (Autor), 2013, Das „Violinkonzert in e-Moll“ op. 64 von Felix Mendelssohn Bartholdy und der Einsatz der Solovioline im Kopfsatz, München, GRIN Verlag.
Franz Schubert (1797-1828):
Symphonie in h-Moll, die „Unvollendete“
Dieses Werk wird wahrscheinlich immer in bestimmtem Maße rätselhaft bleiben, diese vollendete “unvollendete“ Symphonie, voll von Gegensätzen, dennoch eine fast vollkommene Einheit bildend.
Sie ist nicht vergleichbar mit den Symphonien der Klassik um Beethoven in ihrer Dreisätzigkeit, ihren festgefügten formalen Strukturen, sie bildet eine Aussage einer neuen Zeit, der Romantik. Keine großen thematischen Gegensätze, keine großen Wechsel im Tempo oder im formalen Aufbau, ist das Werk jedoch das Berührendste, das Ergreifendste, was Schubert auf dem Sektor der Orchestermusik je komponiert hat. Damit hat sie sich neben der großen, überwältigenden Symphonie in C-Dur einen gleichwertigen Platz in der Gunst des Publikums errungen.
Franz Schubert, ein vom Schicksal wahrlich nicht verwöhnter Mensch, durch den Vater in einen ungeliebten Beruf gezwungen, nicht mit einem großem Durchsetzungsvermögen ausgestattet, in einer Welt der Melodien und Klänge lebend, wird häufig als biedermeierlich harmlos dargestellt. Wenn man aber, auch in der Tonsprache seiner Lieder (man vergleiche den Liederzyklus „Die Winterreise“), den volkstümlich einfachen Menschen zu finden sucht, so trifft man auf eine zutiefst zerrissene, leidenschaftlich fühlende und vor allem leidende Persönlichkeit, die uns bis heute stark durch ihre Menschlichkeit bewegt.
Und in dieser Erkenntnis kann man das Wagnis unternehmen, Schuberts „Unvollendete“ von einer ganz anderen Seite her erschließen zu wollen: Der Musikwissenschaftler Hans Joachim Moser äußert sich über die h-Moll Symphonie folgendermaßen: „Nie wieder sind deutsche Jünglingsschwermut und heldische Todesbereitschaft so erschütternd ausgedrückt worden wie in diesem visionären Meisterwerk“. Die Tiefe der gegensätzlichen Gefühle, die sich durch die Sprache der Musik in der h-Moll Symphonie ausdrücken, versucht der Musikwissenschaftler Arnold Schering in Verbindung zu einem für Schubert einzigartigen Dokument zu bringen, das in seiner Tragik sehr bewegend wirkt, eines der wenigen literarischen Dokumente, die aus Schuberts Leben erhalten sind. Möge es zum Nachdenken anregen. Man kann dieses Dokument beinahe als Programm zu der Gefühlswelt der Symphonie verstehen.
Solistin Dorothea Stepp
Dorothea Stepp, eine junge, aber schon hoch ausgezeichnete Künstlerin
Die junge Violinvirtuosin Dorothea Stepp wurde am 17.06.1996 in Stuttgart geboren. Ihren ersten Instrumentalunterricht erhielt sie an der Stuttgarter Musikschule bei Ulrike Abdank. 2006 wechselte sie zu Prof. Ina Kertscher an die Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover. Dort nahm sie von 2007 bis 2010 an der Vorklasse des Instituts zur Früh-Förderung (IFF) teil und studierte dort anschließend. Seit Februar 2014 ist Dorothea Studentin an der Musikhochschule Hanns Eisler Berlin bei Prof. Antje Weithaas.
Von 2009 bis 2013 war sie jedes Jahr Teilnehmerin des Bundeswettbewerbs „Jugend musiziert“ in den Kategorien Violine solo, Duo Streicher/Klavier, Klavierkammermusik und Streichkammermusik und erspielte sich sieben erste Bundespreise, zahlreiche Sonderpreise der Deutschen Stiftung Musikleben, den „Diethard-Wucher-Preis“ und mehrfache Preise für besondere Leistung „Note um Note“ der Sparda-Bank-Hannover. 2010 erhielt sie mit ihrem Klavierquintett beim „Schleswig-Holstein Musik Festival“ den Sparkassen Förderpreis. Außerdem gewann sie im Jahr 2009 den ersten Preis beim „Internationalen Concours Flame“ in Paris und den zweiten Preis beim „Internationalen Hindemith Wettbewerb“ in Berlin.
Dorothea Stepp konzertierte u. a. beim Schleswig Holstein Musik Festival, den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern, den Brandenburgischen Sommerkonzerten, im Bremer Sendesaal, im NDR Sendesaal Hannover und im Konzerthaus Berlin. Solistisch spielte Dorothea Stepp unter anderem mit dem Hochschulorchester Hannover, regionalen Jugendorchester, Göttinger Symphonie Orchester, Jugendsinfonieorchester Hannover, Kurpfälzischen Kammerorchester, Internationalen Jugendorchester und „Trend Chamber Orchestra Newark“. Seit 2016 ist sie Stipendiatin des Deutschlandstipendiums und im Oktober 2016 wurde sie Stipendiatin der Musikakademie Liechtenstein. Vor wenigen Tagen erhielt Dorothea Stepp ein Stipendium des Deutschen Musikwettbewerbs 2018 als Finalistin der Kategorie Violine (Solistin).
Nachdem die Deutsche Stiftung Musikleben ihr bereits 2009 eine Geige als Leihgabe zur Verfügung stellte, spielt Dorothea Stepp als Preisträgerin des Instrumentenwettbewerbs 2012 der Deutschen Stiftung Musikleben nun eine Violine von Carlo Tononi aus dem Jahr 1727.