Philharmonie Schwäbisch Gmünd e.V.

Konzertarchiv

Beethoven, Tschaikowsky, Mendelssohn-Bartholdy
21. April 2012



  • Ludwig van Beethoven (1770-1827)
    Coriolan-Ouvertüre

    Peter Tschaikowsky (1840-1893)
    Konzert für Violine und Orchester D-Dur, op. 35
    Solist: Michael Ewers
    (Konzertmeister des Südwestdeutschen
    Kammerorchesters Pforzheim)

    Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809 – 1847)
    Symphonie Nr. 3 (Schottische)

    Leitung: Knud Jansen

Komponisten und Werkbeschreibungen



  • Ludwig van Beethoven (1770-1827):
    Ouvertüre zum Schauspiel „Coriolan“


    Ob das Leben des antiken römischen Feldherren Gaius Marcius Coriolanus nun historischer Fakt ist oder ins Reich der Sagen gehört, unbestreitbar wird uns mit diesem Werk die Zeitlosigkeit menschlicher Schicksale vor Augen geführt:
    Der aus Rom schmählich Verbannte steht im Schulterschluss mit den ehemaligen Feinden vor den Mauern seiner Heimatstadt, um diese nun erbarmungslos in die Knie zu zwingen und seinem Willen zu unterwerfen (mit dem Beginn der Ouvertüre lässt uns Beethoven durch mächtige und abgerissene Klangsäulen diesen skrupellosen und brachialen Willen spüren).
    Wenn der Einmarsch in Rom mit dem Blute seiner eigenen, noch immer dort lebenden Kinder, seiner Ehefrau und seiner Mutter bezahlt werden muss, so ist Coriolan dieser Preis nicht zu hoch. Heute nennen wir es „Kollateralschäden“ und Nachrichten der letzten Jahre zeigen, dass diese antike Parabel nichts an Aktualität verloren hat.
    Es sind die Frauen Roms, die sich Coriolan, angeführt von seiner Mutter Veturia, in den Weg stellen. Sie bitten ihn zunehmend eindringlich, sich zu besinnen und das Ausmaß seiner kommenden Taten zu überdenken (hier setzt Beethoven mit dem zweiten Thema einen entsprechenden melodiösen Gegenpart).
    Was macht Coriolan? Bleibt er standhaft? Gerät er ins Wanken? Wie mag wohl der Komponist in Zeiten der damals herrschenden Bedrängung durch die Napoleonischen Kriege diese Parabel verstanden und gedeutet haben? Er als ehemaliger Bewunderer und enttäuschter Anhänger dieses modernen Feldherren?



  • Peter Tschaikowsky (1840-1893):
    Konzert für Violine und Orchester / D-Dur, op. 35


    Es ist immer wieder erstaunlich, wie manche Komponisten, gerade in Zeiten größter persönlicher Schicksalsschläge und lähmender Depression, Werke von berückender Schönheit und sprühender Lebensfreude erschaffen.
    Tschaikowsky flüchtet nach seinem Krisenjahr 1877 an den Genfer See, und schreibt dort angekommen in einem Brief: „Bin ich am Ende? Mit Mühe presse ich schwache und wertlose Gedanke aus mir heraus und grübele über jeden Takt.“
    Doch schon kurze Zeit später beginnt er mit dem Violinkonzert, vollendet es innerhalb weniger Wochen und schuf damit eines der beliebtesten, bedeutendsten und anspruchsvollsten Werke dieser Gattung.
    Genießen Sie die Einleitung des 1. Satzes - denn dieses schöne Thema werden Sie im ganzem Werk nicht noch einmal hören! Mit dieser Besonderheit hat Tschaikowsky kompositorische Eigenarten fortgeführt, die sich ebenso in der Positionierung der hochvirtuosen Solo-Kadenz, wie auch im Übergang ins Finale niederschlagen.
    Vielleicht wird der eine oder andere Liebhaber alter Plattenaufnahmen beim letzten Satz stutzig, aber was Sie heute abend hören, ist das Werk in seiner Originalgestalt, ohne die üblichen Kürzungen vergangener Interpretationstraditionen.
    Wenn dieses Werk immer wieder als „echt russisch“ charakterisiert wird, so sind dies gerade jene Stellen, an denen wir die typische Klangwelt Tschaikowskys wiedererkennen: dort, wo wir Parallelen hören zur gestochenen Billanz und abgründigen Seelentiefe seiner Symphonien oder zum tänzerischen Spiel mit Synkopen und folkloristischen Klangfarben seiner Ballette wie z.B. dem unsterblichen Nußknacker.
    Suchen Sie diese Momente, genießen und staunen Sie!



  • Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847):
    Sinfonie Nr. 3 „Schottische“ / a-Moll, op. 56


    „In der tiefen Dämmerung gingen wir heut nach dem Palaste, wo Königin Maria gelebt und geliebt hat; es ist da ein kleines Zimmer zu sehen, mit einer Wendeltreppe an der Tür; da stiegen sie hinauf und fanden den Rizzio im kleinen Zimmer, zogen ihn heraus, und drei Stuben davon ist eine finstere Ecke, wo sie ihn ermordet haben. Der Kapelle daneben fehlt nun das Dach, Gras und Epheu wachsen viel darin, und am zerbrochenen Altar wurde Maria zur Königin von Schottland gekrönt. Es ist da alles zerbrochen, morsch und der heitere Himmel scheint herein. Ich glaube, ich habe heut da den Anfang meiner Schottischen Symphonie gefunden.“
    (Mendelssohn in einem Brief vom 30. Juli 1829)

    Es sollte noch Jahre dauern, bis Mendelssohn die Partitur vollendete und erst 1842 kam sie in Leipzig unter der Leitung des Komponisten zur Aufführung. Von den fünfen die er schrieb, ist es trotz der Zählung seine letzte Sinfonie und zeugt von hoher konzeptioneller Durchdringung des musikalischen Materials über die einzelnen Sätze hinweg, weshalb Mendelssohn diese auch (in der Partitur ausdrücklich vermerkt) miteinander verbindet und als geschlossenes Ganzes präsentiert.
    Schauen wir einmal nur auf die ersten Minuten Musik, die Sie erwarten: die Takte, welche Mendelssohn zusammen mit den zitierten Briefzeilen skizzierte, hören Sie heute Abend tatsächlich als die ersten 16 Takte der langsamen Einleitung. Wie schnell sich doch mit wenigen Tönen eine Stimmung aufbaut. Was assoziieren Sie mit dem nachfolgenden Eintritt der bisher schweigenden Violinen? Melodiebögen tauchen auf und wieder ab, drängen, beruhigen sich wieder. Was ist anders, wenn noch einmal das musikalische Material des Beginns wiederkehrt? Und welche Frage wollen uns wohl die Flöten am Ende der Introduktion stellen?
    Mendelssohn, der auch ein begabter Maler und Zeichner war, zeigt sich uns hier als wahrhafter Meister der Tonmalerei; um uns dann die Tore weit zu öffnen für seine Klangwelt dieser Sinfonie.
    Wenn Sie am heutigen Abend mit einem solch staunenden Hören das Werk genießen können, so steht Ihnen eine wahrhaft aufregende und beglückende Reise bevor.
    Ob diese Reise via Mendelssohn nach Schottland oder geradewegs in die Herzen von Schwäbisch Gmünd führt, wer weiß...

Solist Michael Ewers



  • Michael Ewers wurde 1969 in Sindelfingen geboren, begann schon in jungen Jahren Violine zu spielen und erhielt schon im Alter von acht Jahren Violinunterricht bei Prof. Hedwig Pahl.
    Nach dem Abitur begann er sein Violinstudium an der Hochschule Mozarteum Salzburg bei Prof. Helmut Zehetmair, das er 1992 mit Auszeichnung abschloss. Es folgte ein Aufbaustudium „Künstlerische Ausbildung” an der Musikhochschule Stuttgart bei Prof. Hans Kalafusz, das er 1994 ebenfalls mit der Bestnote 1,0 beendete und damit in die Solistenklasse aufgenommen wurde. Auch die Solistenklasse schloss er 1999 mit dem Solistenexamen mit Auszeichnung ab.
    Michael Ewers ist mehrfacher Preisträger bei „Jugend musiziert” und beim Wettbewerb des Deutschen Tonkünstlerverbandes. 1988 erhielt er den 1.Preis der Carl-Flesch-Akademie der Stadt Baden-Baden und den zusätzlichen Preis als „bester deutscher Teilnehmer”.
    Er war über Jahre 1.Konzertmeister des Landesjugendorchesters Baden-Württemberg und trat solistisch mit vielen Orchestern auf, darunter mit der Philharmonie Baden-Baden, der Württembergischen Philharmonie Reutlingen, den Stuttgarter Philharmonikern sowie mit dem Südwestdeutschen Kammerorchester Pforzheim.
    Seit Februar 2000 ist Michael Ewers koordinierter Konzertmeister des Südwestdeutschen Kammerorchesters Pforzheim.